Brosi: Politische Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung- Stand der Beziehung

Anabell Brosi analysiert in diesem Beitrag den aktuellen Ist-Zustand zwischen Politischer Bildung und BNE. Sie erörtert politische Perspektiven innerhalb der BNE und verweist auf die Kritik der Entpolitisierung. Brosi geht der Frage nach, ob oder inwieweit nachhaltige Entwicklung innerhalb eines machtgeprägten Raums stattfinden kann.

Brosi, Annabell (2021): Politische Bildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) – Stand der Beziehung. Fachstelle politische Bildung. Transfer für Bildung e. V.

Den kompletten Beitrag finden Sie hier.

I.L.A. Kollektiv „Auf Kosten Anderer“

„Auf Kosten Anderer“ analysiert die Auswirkungen der imperialen Lebensweise auf globale Ungerechtigkeiten. Es behandelt die Frage, wie sich der Wohlstand reicher Länder und Akteure auf den Rest der Welt auswirkt und stellt dar, wie Ressourcenausbeutung, Umweltzerstörung und soziale Ungleichheit miteinander verknüpft sind. Das Dossier fordert dazu auf, die imperiale Lebensweise zu überwinden, um eine nachhaltige, gerechte und solidarische Weltordnung zu schaffen.

Das Dossier steht hier zum Download zur Verfügung.

Bericht zum Fachaustausch „Recht & Gerechtigkeit, Macht- & Naturverhältnisse, soziale Mobilisierung & Protest – Bildung im Kontext gesellschaftlicher Transformation“

Der erste Fachaustausch des Forums PolBNT fand vom 18. bis zum 19. September 2023 im Werkhof in Hannover statt. Ziel des ersten Treffens war es, zentrale sozialwissenschaftliche Themenfelder zu eruieren, deren Perspektiven im Kontext der politischen Bildung und der Bildung für nachhaltige Entwicklung bislang unzureichend berücksichtigt werden. Die Gründungsmitglieder des Forums setzten sich mit den Themen imperiale Lebensweise, gesellschaftliche Naturverhältnisse, soziale Bewegungen, Klimazukünfte sowie mit Erkenntnissen der Einstellungsforschung auseinander.

Als externe Expert*innen haben wir Prof. Dr. Daniela Gottschlich von der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung mit einem Impuls zu „Gesellschaftliche Naturverhältnisse und das Verhältnis von Recht und ökologischer Gerechtigkeit“ sowie Dr. Jan Wilkens von der Universität Hamburg mit einem Impuls zu „Soziale Mobilisierung und die Plausibilität von Klimazukünften” gewinnen können. Darüber hinaus hat Prof. Dr. Lena Partzsch (FU Berlin; Forumsmitglied) einen Impuls zu „Macht(verhältnisse) im Kontext der Klimapolitik“ und Prof. Dr. Sabine Achour (FU Berlin; Forumsmitglied) einen Beitrag zur Mitte-Studie „Klima(schutz) als Kampffeld“ vorgestellt.

Am ersten Forumstag orientierte sich die Diskussion der Teilnehmenden an der Bedeutung von Naturrechten und der damit einhergehenden Gefahr einer Polarisierung, die mit einer Einbringung ökologischer Rechte verbunden sein könne. Während einerseits eine Regulierung von Menschen- und Naturrechten gefordert wurde, sprachen sich Teilnehmende auch für gesamtgesellschaftliche Veränderungen aus, welche die Einführung von Naturrechten mit sich bringen. Es bestehe zwar die Gefahr einer Überforderung, jedoch ermögliche diese Überlegung auch die Realisierbarkeit eines guten Lebens für alle, sowohl individuell als auch kollektiv. Selbst wenn kein allgemeingültiger Wunsch nach einer sozialökologischen Transformation vorherrscht, dürfe der Anspruch darauf nicht aufgegeben werden, da sonst die Gefahr einer Zunahme autoritärer Stimmen begünstigt werde.

Anschließend daran wurde die Frage nach den bildungspraktischen Konsequenzen aufgeworfen und damit die Perspektive für eine Sensibilisierung und Bewusstseinswerdung von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) eröffnet, bei der Widersprüche zu thematisieren seien. Das Aufzeigen von Kontrasten stellt eine wichtige bildungspraktische Herausforderung dar, da sowohl die Thematisierung von Widersprüchen als auch der Raum für utopische Gedanken in der BNE bisher zu kurz kamen. Eine konkrete Anforderung liegt daher in der Selbstwirksamkeitserfahrung junger Menschen und dem Raum für Zukunftsgedanken und einer kritischen Reflexion, wodurch ein Perspektivwechsel initiiert werden kann.

Schlussendlich wurde die Frage danach aufgeworfen, ob individuelle Handlungen zu kollektiver Entwicklung führen und wie beispielsweise postkoloniale Perspektiven in den Eigenrechten der Natur mitgedacht werden können. Mit der Feststellung, dass die bestehenden Machtverhältnisse die Möglichkeit der Umsetzung von Naturrechten verhindern, fand sich eine Überleitung zur Diskussion über Macht(verhältnisse) im Kontext der Klimapolitik. Hierbei wurde u.a. diskutiert, dass besonders apokalyptische Narrative und die Frage nach den Treibern des Wandels stärker hinterfragt werden müssten, um deren Gefahr aufzudecken und Framings vorzubeugen. Hier spiegelt sich die Idee des Forums wider, zuerst sozialwissenschaftliche Perspektiven zu diskutieren und daraufhin eine Verbindung zu bildungskonzeptionellen Prinzipien herzustellen. Was bedeuten diese Katastrophen- und Krisennarrative für die Bildungsarbeit, besonders im Hinblick auf Lernabwehr und Widerstände? Die existenzielle Dimension von multiplen Nachhaltigkeitskrisen können als neuer/anderer Anlass gesehen werden, um den bisherigen Denkrahmen infrage zu stellen, über Utopien hinauszudenken und deren Stellenwert in bildungspraktischen Situationen mitzudenken. Da der Bedarf nach einer positiven Formulierung nicht alle gleichermaßen anspricht, benötigt es einer vernünftigen Einordnung, bei welcher das Positive nicht zwingend als Ergebnis zu verstehen ist.

Am zweiten Tag haben wir uns – ausgehend von einem Impuls von Dr. Jan Wilkens (Universität Hamburg) – mit der Frage von sozialer Mobilisierung und Protest als Treiber von Klimapolitik und Transformation beschäftigt.

Welche Prozesse braucht es, um Politik anzustoßen und an welchen Stellen ist Macht ungleich verteilt? Wie kann man Handlungsmacht Raum geben und wo liegen dabei Grenzen in Bildungsprozessen? In Bildungseinrichtungen benötigt es Mut für utopisches Denken und für eine kontroverse Thematisierung der Nachhaltigkeitsdebatte. Hierbei spielt die Professionalisierung von Lehrkräften eine bedeutende Rolle. BNE ist mit vielen Emotionen behaftet: Der Umgang mit Fragen, auf die es vermeintlich keine Antworten gibt, zeigt die existenzielle Dimension von Nachhaltigkeitskrisen und die Notwendigkeit einer Sensibilität im Diskurs um BNE auf, welcher bisher eher durch pragmatische Perspektiven geprägt ist.

Die Politisierung im Klassenzimmer spiegelt sich auch gesellschaftlich in einem Erstarken der Zivilgesellschaft wider, welches am zweiten Tag im Fokus des Fachaustausches stand. In diesem Zuge erwies es sich als besonders wichtig, politische Perspektiven in die Konzeption von BNE aufzunehmen und die Bildner*innen hierfür zu sensibilisieren, einzubinden und zu empowern. Hierfür stellten sich Persönlichkeitsentwicklungs- und Professionalisierungsprozesse als entscheidend heraus, um das eigene Sicherheitsbedürfnis zu fördern und der Frage nach dem Umgang mit Widersprüchen entgegentreten zu können.

Eine wichtige gemeinsame Frage der beiden Disziplinen stellt sich nach der fehlenden Lösung für die Klimakatastrophe. Weiß die Mehrheit der Menschen tatsächlich zu wenig über den Klimawandel und wieviel „Wissen“ braucht es überhaupt für eine politische Bildung durch und für nachhaltige Entwicklung? Gemeinsam wurde resümiert, dass es eine gewisse Tiefe der politischen Handlungsfähigkeit braucht, um über gesellschaftliche Veränderungsprozesse nachdenken zu können, und dass die politische Dimension von BNE hauptsächlich in der Förderung von kritisch-reflexivem Handeln und Denken liegt, sowie in der Stärkung des Vertrauens in demokratische Strukturen.

Mit einem Impuls zu Politischer Bildung durch und für nachhaltige Entwicklung – vom Subjekt zum System und zurück hat JProf. Dr. Steve Kenner (Pädagogische Hochschule Weingarten) einen Beitrag zum Ausblick auf den zweiten Fachaustausch eröffnet. Hier finden Sie einen E-Lecture dazu, die im Zuge der DBUdigital Onlinesalons aufgezeichnet wurde.

Wenn Sie sich für dieses Thema interessieren und vertiefenden einlesen wollen empfehlen wir Ihnen folgende Literatur:

  • Gottschlich, Daniela (2022): Gerechtigkeit. In: Gottschlich, Daniela; Hackfort, Sarah; Schmitt,Tobias; von Winterfeld, Uta (Hrsg.): Handbuch Politische Ökologie. Theorien, Konflikte, Begriffe, Methoden. transcript Verlag. Bielefeld. S. 365- 375.
  • Partzsch, Lena (2017): Welche Macht führt zum Wandel? GAIA. 26 (4), S. 317–320.
  • Lena Partzsch (2017) ‘Power with’ and ‘power to’ in environmental politics and the transition to sustainability, Environmental Politics, 26:2, 193-211.
  • Friedrich Ebert Stiftung (Hrsg.) (2021): Die geforderte Mitte Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2020/21. Verlag J.H.W. Dietz. Bonn. (hier insbesondere die Kapitel „Propagandafeld: Klima“, S. 262 – 281 und „Politische Bildung als Transmitter der Demokratie: Demokratie muss man machen – Neun Appelle zur politischen Bildung“, S. 311- 329)
  • Ulrich, Brand / Görg, Christoph (2022): Gesellschaftliche Naturverhältnisse. In: Gottschlich, Daniela / Hackfort, Sarah / Schmitt, Tobias / von Winterfeld, Uta (Hrsg.): Handbuch Politische Ökologie. Theorien, Konflikte, Begriffe, Methoden. transcript Verlag. Bielefeld, S. 37- 50.
  • Engels, Anita / Marotzke, Jochem / Gonçalves Gresse, Eduardo / López-Rivera, Andrés / Pagnone, Anna / Wilkens, Jan (eds.) (2023): Hamburg Climate Futures Outlook 2023.The plausibility of a 1.5°C limit to global warming—Social drivers and physical processes. Cluster of Excellence Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS). Hamburg, Germany. – hier insbesondere: S. 97-103.

E-Lecture: Soziale Mobilisierung und Klimazukünfte

Bei dem ersten Fachaustausch des Forums Politische Bildung, Nachhaltigkeit und Transformation (Forum PolBNT) gefördert von der @DeutscheBundesstiftungUmwelt haben wir uns dem Thema „Recht & Gerechtigkeit, Macht- & Naturverhältnisse, soziale Mobilisierung & Protest. Bildung im Kontext gesellschaftlicher Transformation“ gewidmet.

Als Gast haben wir Dr. Jan Wilkens von der Universität Hamburg eingeladen. Er hat Geschichte, Kultur und Sprachen des Nahen und Mittleren Ostens und Politikwissenschaft (BA) an der Universität Hamburg, Arabisch am Higher Language Institute in Damaskus, Syrien und Nahostpolitik (M.Sc.) an der School of Oriental studiert und Afrikastudien (SOAS) in London. An der Universität Hamburg hat er in Internationalen Beziehungen promoviert. Derzeit arbeite er als Senior Researcher im Syntheseteam am Center for Earth System Research and Sustainability (CEN) im Exzellenzcluster „Climate, Climatic Change and Society“ (CLICCS).

Aus dieser Forschung hat er berichtet und eine Keynote zu „Soziale Mobilisierung und die Plausibilität von Klimazukünften“ gehalten, die wir gemeinsam diskutiert haben. Die Keynote könnt ihr jetzt hier anschauen.

Bezogen hat er sich u.a. auf diese Studie Engels, Anita / Marotzke, Jochem / Gonçalves Gresse, Eduardo / López-Rivera, Andrés / Pagnone, Anna / Wilkens, Jan (eds.) (2023): Hamburg Climate Futures. Outlook 2023.The plausibility of a 1.5°C limit to global warming—Social drivers and physical processes. Cluster of Excellence Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS). Hamburg, Germany. – hier insbesondere: S. 97-103. https://www.cliccs.uni-hamburg.de/de/… (letzter Zugriff: 11.12.2023)

Mehr Informationen zu Dr. Jan Wilkens findet ihr hier: https://jan-wilkens.com/

E-Lecture: Gesellschaftliche Naturverhältnisse

Bei dem ersten Fachaustausch des Forums Politische Bildung, Nachhaltigkeit und Transformation (Forum PolBNT) gefördert von der Deutsche Bundesstiftung Umwelt haben wir uns dem Thema „Recht & Gerechtigkeit, Macht- & Naturverhältnisse, soziale Mobilisierung & Protest. Bildung im Kontext gesellschaftlicher Transformation“ gewidmet.

Als Gästin haben wir u.a. Prof. Dr. Daniela Gottschlich von der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung) eingeladen. Als Politikwissenschaftlerin lehrt und forscht sie an der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung zu feministischer politischer Ökologie, neuen Ökonomien, Demokratisierung gesellschaftlichen Naturverhältnissen, Ökologie und Rechtsextremismus. Die Keynote könnt ihr jetzt hier anschauen. Wir empfehlen u.a. das von ihr und weiteren Kolleg*innen herausgegebene Handbuch „Politische Ökologie“

Gottschlich, Daniela (2022): Gerechtigkeit. In: Gottschlich, Daniela; Hackfort, Sarah; Schmitt,Tobias; von Winterfeld, Uta (Hrsg.): Handbuch Politische Ökologie. Theorien, Konflikte, Begriffe, Methoden. transcript Verlag. Bielefeld. S. 365- 375.

Das Buch gibt es als kostenfreien Download über den transcript Verlag hier: https://www.transcript-verlag.de/978-… (letzter Zugriff: 11.12.2023)